Viele Jahre war Apple der mit großem Abstand führende High-Tech-Konzern der Welt, wenn man den Börsenwert als Maßstab nimmt. Dieser Vorsprung ist nun eingebrochen. Der wohl wichtigste Grund ist, dass der im November gewählte US-Präsident Donald Trump mit seiner scharfen Anti-China-Linie einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren des iPhone-Bauers unterminiert. „Designed in California, made in China“, lautet die Strategie von Vorstandschef Tim Cook.
Wegen der hohen Abhängigkeit von China ist Apple in den vergangenen sechs Monaten stärker von der Börse abgestraft worden als fast alle anderen Technologieriesen: Der Kursverlust seit Mitte Oktober lag bei 17 Prozent, wogegen Microsoft nur neun Prozent an Wert abgab. Alphabet (Google) verlor sechs Prozent, Meta (Facebook) vier Prozent; Amazon stagniert. Nur der Halbleiterbauer Nvidia mit einem Minus von 20 Prozent rutschte stärker ab als Apple.
Auch hier spielt China eine Rolle: Die Aktie des erfolgreichsten Chipherstellers der Welt ist zwar in den vergangenen fünf Jahren um 1400 Prozent nach oben geschnellt, doch eine deutliche Delle gab es seit Ende Januar, weil der chinesische KI-Anbieter Deepseek gezeigt hatte, dass man auch mit weit weniger KI-Rechenchips gute Ergebnisse produzieren kann. Das senkte die Wachstumshoffnungen für Nvidia.
Die Lage von Apple ist auf jeden Fall kompliziert. Kurzfristig lag während der aktuellen Hysterie rund um die Trump-Zölle der Konzernwert von Microsoft sogar etwas höher als der von Apple, doch nun liegt der iPhone-Bauer mit einem Marktwert von fast 2,8 Billionen Euro wieder knapp vor Microsoft. Nvidia folgt mit rund 2,6 Billionen Euro, Amazon kommt auf 1,9 Billionen Euro, Alphabet (Google) auf 1,7 Billionen, Meta auf 1,2 Billionen.
Die weiterhin enorme Stärke von Apple liegt daran, dass die Marke angesehener ist als jeder Wettbewerber und dass der Konzern eine der höchsten operativen Umsatzrenditen mit rund 33 Prozent hatte. Außerdem gelingt es Apple hervorragend, neue Kunden zu treuen Kunden zu machen, weil die verschiedenen Geräte (iPhone, iPad, Mac oder Apple-TV) sehr gut zusammenpassen und Daten nahtlos übertragen werden können.
Die große Schwachstelle ist die extreme Abhängigkeit von Partnern für Technologie und Produktion in China. Rund zwei Millionen Menschen arbeiten in der Volksrepublik über Partner für den US-Konzern, wie Experten schätzen. Rund 90 Prozent der weltweiten Produktion von Apple finde in China statt, schreibt der Apple-Experte Patrick McGhee in der „New York Times“. Wenn also die USA weiterhin darauf bestehen, dass auf Importe aus China in den USA mehr als 100 Prozent Zoll fällig werden, würden viele iPhones in den USA deutlich mehr als 2000 US-Dollar kosten. (Preise in Europa wären wohl vom Zollkrieg nicht betroffen).
Die Alternative wäre, dass Apple einen neuen Fertigungsverbund in den USA aufbauen müsste. Aber das würde viele Jahre dauern und wäre faktisch unmöglich, weil in den USA das Fachwissen fehlt, um viele Komponenten zu bauen. 2012 hätten nicht einmal 20 chinesische Unternehmen zu den wichtigsten Produktionspartnern von Apple gehört, aktuell seien es bereits 52, schreibt McGhee. Falls also tatsächlich iPhones in den USA zu dortigen Löhnen hergestellt würden, könnten sie in den USA rund dreimal so teuer sein wie jetzt und häufig rund 3500 US-Dollar kosten, schätzt die US-Investmentfirma Wedbush. Apple würde ein Feuersturm drohen, ein „wirtschaftliches Armageddon“, meint Webbush-Experte Dan Ives laut CNN.
Wie versucht Apple-Primus Cook die Lage zu retten? Der Konzern baut große Kapazitäten in Indien auf. Vorteil: Das senkt die Abhängigkeit von China und umgeht Zölle speziell gegen dieses Land. Und es senkt die Kosten, weil in Indien teilweise die Lohnkosten niedriger sind.
Ansonsten hofft das Apple-Management, dass es auf Dauer doch keine so hohen Zölle gegen China geben wird. Apple-Produkte sind eines der beliebtesten Produkte in den USA, auch Samsung-Geräte werden oft in China gebaut – ein starker Preissprung bei allen solchen Gütern käme bei den Wählern nicht gut an. Um Trump zu besänftigen, hat Cook angekündigt, in den nächsten vier Jahren 500 Milliarden US-Dollar im Heimatmarkt zu investieren. Gemeint sind auch neue Rechenzentren oder Ausgaben für neue Filme für Apple-TV inklusive Ausgaben vieler Partner. Von einer breiten Verlagerung der Produktion ist aber keineswegs die Rede.
Cook steht nach Medienberichten den Demokraten sehr nahe. Um sich bei Trump beliebt zu machen, kam er zu dessen Amtseinführung und spendete persönlich eine Million US-Dollar für die Feier.