Die China Ship Scientific Research Centre hat nach eigenen Angaben einen Untersee-Roboter entwickelt, der Seekabel bis zu einer Tiefe von 4.000 Metern durchtrennen kann. Das meldet die South China Morning Post. Das Gerät besitzt einen diamantbesetzten Trennschleifer, der mit bis zu 1.600 Umdrehungen pro Minute rotiert. Die dahinterstehende Technik wurde angeblich zur Reparatur von Kabeln oder zum Unterwasser-Bergbau entwickelt. Aber damit kann China auch Kabel in Tiefen zerstören, in denen eine Reparatur bisher schwer bis unmöglich ist.
Unterseekabel stärker kontrollieren
„Die Meldung kommt nicht überraschend. Wir erwarten eine solche Technologie eigentlich schon seit Jahren“, kommentiert Ferdinand Gehringer, Referent für Cybersicherheit an der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Im vergangenen Winter haben sich Beschädigungen an Seekabeln in der Ostsee gehäuft – zum Teil durch unter chinesischer Flagge fahrende Schiffe. Experten wie Gehringer werten das als Teil einer „hybriden Kriegsführung“. Als Reaktion auf die Kabelschäden hatte die Nato angekündigt, die Gebiete stärker zu kontrollieren.
Atlantik oder Pazifik: „Da bringt eine Präsenz der Nato gar nichts“
Die neue Technik bringe nun „noch einmal eine ganz andere Dimension“ in das Thema. Gehringer: „Die Ostsee ist ja relativ flach, viel befahren und verhältnismäßig gut überwacht.“ Mit den Tiefseerobotern könne China nun aber auch unbemerkt irgendwo auf dem Atlantik oder dem Pazifik agieren. „Da bringt eine Präsenz der Nato gar nichts“, so Gehringer. Er verweist zudem darauf, dass die Beschädigung von Unterseekabeln „ganz klar Teil eines Szenarios bei einem Überfall auf Taiwan“ sei.
Wie die Taipei Times berichtet, gab es seit 2018 bereits mehr als zwei Dutzend Kabelbeschädigungen rund um die von Taiwan verwalteten Matsu-Inseln vor der südostchinesischen Küste. Weil es dort viele Fischerboote gebe, seien die Verursacher schwer auszumachen.

Übersicht über Unterseekabel rund um Taiwan. (Screenshot: Submarine Cable Map)
In diesem Jahr gab es bereits zwei Vorfälle in unmittelbarer Nähe der Hauptinsel, bei der die Lage klarer ist: Im Januar beschädigte der Frachter Shunxin-39 mehrere Datenkabel vor der Nordküste. Im Februar traf es ein Seekabel zwischen Taiwan und den westlich gelegenen Penghu-Inseln. In Verdacht steht der Frachter Hongtai-58. Beide Schiffe fahren nicht unter chinesischer Flagge, stehen aber in Beziehung zur Volksrepublik. Fachleute sehen darin den Versuch Chinas, die Rote Linie zu testen, ab der die internationale Staatengemeinschaft reagiert.
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Bedrohte Unterseekabel um Taiwan
Zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland ist das Meer nur rund 150 Meter tief. Dortige Kabel lassen sich schon mit normalen Ankern zerstören. Aber viele Kabelverbindungen von Taiwan Richtung Philippinen oder Singapur verlaufen durch die Tiefsee östlich der Insel. Auch sie wären nun durch die neuen chinesischen Tauchroboter bedroht. Mögliche andere Ziele wären auch die Seekabel rund um die Pazifik-Insel Guam, auf der sich ein US-Luftwaffenstützpunkt befindet.
„Es ist das erste Mal, dass ein Land eine solche Technologie öffentlich bekannt gibt“, schreibt das Mercator Institute for China Studies (Merics). China sende damit gemischte Botschaften, so Merics-Analystin Wendy Chang: „Das Publikmachen der neuen Technologie in einer Zeit erhöhter Spannungen dient dem Signalisieren von Stärke: China möchte ein Akteur beim Bau und Betrieb der Tiefsee-Infrastruktur sein – aber die Welt soll auch wissen, dass es kritische Infrastrukturen bei Bedarf zerstören könnte.“