Nach über einem Jahrzehnt im grünen Lager wollte ich der Konkurrenz eine reelle Chance geben. Im Vorfeld hoffte ich bereits, dass AMD erfolgreich sein würde, weil Nvidia sich angesichts des schlampigen Starts der RTX50-Serie offenbar zu sicher zu fühlen schien. Und mit FSR 4 hat AMD auch endlich eine konkurrenzfähige Upscaling-Lösung im Programm.
Fullminanter Start mit der 9070 XT
Und so wartete ich also geduldig, bis die „9070 XT“ erschien und, anders als bei Nvidia, direkt lieferbar war und orderte mir ein Modell der gehobenen Klasse: magnetisch abnehmbare Lüfter, werkseitige Übertaktung, schicke weiße Optik, RGB-Beleuchtung, das ganze Programm. Wennschon, dennschon.
Der Umbau am eigenen Rechner ist immer ein freudiges Ereignis: Die alten Treiber gründlich mit dem „Driver Uninstaller“ hinausgekehrt, heruntergefahren und der Aus- und Einbau kann beginnen. Nach dem Hochfahren den frischesten Treiber installiert, den AMD zu bieten hat, und das Testen kann beginnen.
In meinem Testparcours: 3DMark, Indiana Jones, Alan Wake 2, Monster Hunter Wilds – was die Karte eben ins Schwitzen bringt. Zu schlagen gilt es eine 4070 Super von Nvidia in der Auflösung 3440×1440. Der erste 3D-Mark-Benchmark ohne Raytracing ist ein voller Erfolg für die AMD-Karte. Satte 40 Prozent mehr Frames als die 4070 Super. Hui!
Und auch im Raytracing-Benchmark geht einiges mehr als mit der Vorgängerkarte, auch wenn der Zugewinn nicht ganz so üppig ist. Der Benchmark von Monster Hunter Wilds zeigt ebenfalls überragende Ergebnisse, die Qualität von FSR 4 ist wirklich gut und kann locker mit DLSS mithalten.
Doch dann folgt die erste Enttäuschung. Anders als erwartet schafft die 9070XT es nicht, flüssig Indiana Jones and the Great Circle mit aktiviertem Path Tracing auf den Monitor zu zaubern. Etwas, woran die 4070 Super ebenso scheiterte, vor allem aber, weil die 12 GB Speicher dafür nicht ausreichten. Doch die 9070 XT hat 16 GB und müsste das eigentlich schaffen. Aus welchem Grund auch immer, die Bildrate bricht komplett ein. Sogar Bildfehler werden sichtbar, je nach Blickrichtung. Das riecht nach Treiberproblemen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Alan Wake 2. Dort ist das Ergebnis sogar noch schlechter, denn das Spiel unterstützt nur FSR 2.
Und das ist leider eine komplette Katastrophe. Die Leistung stimmt hinten und vorne nicht, und die Bildqualität ist unfassbar schlecht. In dem Moment wird mir klar, wieso Nvidia im Steam-Hardware-Survey (März 2025) 83 Prozent hält. Niemand kann ein derart verwaschenes und instabiles Bild wollen. Und FSR 4 ist noch brandneu und kann treiberseitig nur auf Spiele angewendet werden, die mindestens FSR 3.1 unterstützen.
Nach diesen zwei Totalausfällen bestelle ich zähneknirschend eine 5070 Ti – ein Einstiegsmodell ohne schicken Schnickschnack, für 110 Euro mehr – aber immerhin inzwischen in zwei Tagen lieferbar.
Und bin dann doch „leider“ hellauf begeistert. Die Karte liefert knapp 4080-Leistung, kann alle zuvor genannten Spiele und Benchmarks absolvieren, ohne dass der Lüfter groß aufdrehen muss. Ok, bei Indiana Jones mit höchsten Einstellungen im grafisch anspruchsvollsten Kapitel in Sukhothai laufen auch die 16 GB Speicher voll. Das Spiel ist einfach echt ein Brocken. Aber mit etwas heruntergeregeltem Texture-Streaming-Cache läuft es rund. Man kann nicht alles haben.
Was mich wirklich begeistert: Das neue Flip-Metering (die Steuerung des Frame-Pacings, also in welchen Abständen neue Bilder an den Monitor geschickt werden) erfolgt bei Nvidia ab der RTX50-Serie auf der GPU, während alle anderen es von der CPU berechnen lassen. Das Ergebnis ist überragend: Wo mit eingeschalteter Frame-Generation zuvor das Bild unruhiger wurde und auf meinem OLED-Monitor zum Flackern führte, wird es jetzt ruhiger und flackerfreier. Selbst in einem Extremfall wie Alan Wake 2. Wow.
Ein weiterer schöner Nebeneffekt: RTX HDR (also die KI-gestützte HDR-Berechnung für Spiele, die das nicht selbst mitbringen) funktioniert jetzt auch im Multi-Monitor-Setup. RTX HDR macht nämlich einen deutlich besseren Job als das Auto-HDR von Windows.
Es gibt auch Macken. Die Treiber von Nvidia waren zuletzt alles andere als zuverlässig. So weist etwa der Windows-11-Desktop unter HDR bei 240 Hz eigenartige Bildfehler auf. Das Problem haben auch andere schon bemerkt und ich vermute, es ist ein Treiber- oder Windows-11-Problem. Bei 120 Hz tritt das jedenfalls nicht auf, sodass ich mich bis zum nächsten Treiber-Update damit zufriedengeben muss.
Ein paar Worte zum Stromverbrauch
Die AMD-Karte zieht in der Spitze 360 Watt und kommt mit einem wirklich groß dimensionierten Kühler daher. Den braucht sie auch, denn die Lüfter drehen ordentlich auf, wenn man die Karte ausreizt.
Die Nvidia-Karte hingegen liefert bei höchstens 300 Watt mehr Bilder pro Sekunde, und die deutlich kleinere Kühllösung hat vergleichsweise wenig zu tun. In Sachen Effizienz macht dem Team Grün auch weiterhin keiner was vor, sosehr die aktuelle Architektur auch am Limit sein mag.
Nach vier Tagen intensiven Testens war die Entscheidung jedenfalls klar: Ich würde keine Karte behalten, bei der ich einige meiner liebsten Titel nicht mehr spielen kann, weil sie nur FSR 2 unterstützen. Und damit einfach furchtbar aussehen und laufen. Sosehr ich AMD diesen Erfolg auch gegönnt hätte und so sehr ich die Treiber-Software von AMD auch mag. Denn die bietet erheblich mehr Feintuning-Möglichkeiten als das Nvidia-Pendant. Viel Glück beim nächsten Mal, AMD!